% @book{bg_khm_1819-1, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen. % {G}esammelt durch die {B}r{\"{u}}der {G}rimm. % {E}rster {B}and. {M}it zwei {K}upfern. % {Z}weite vermehrte und verbesserte {A}uf{"|}lage", % publisher = "Gedruckt und verlegt bei G.\,Reimer", % address = "Berlin, Germany", % year = "1819", % volume = "1", % language = "German", % } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von A. Tokunaga am 29. November 2002 % und "uberpr"uft von Y. Nagata am 05. Dezember 2002 % \maerchentitel{Die drei Schlangenbl"atter} % 16. %S.88 % Die drei Schlangenbl"atter. %S.88 Es war einmal ein armer Mann, der hatte einen einzigen %S.88 Sohn, er konnte ihn aber nicht mehr ern"ahren. Da sprach der %S.88 Sohn: {\oq}lieber Vater, es geht euch so k"ummerlich, ihr k"onnt mir %S.88 das Brot nicht mehr geben, ich will fort und sehen, wie ich mir %S.88 durch die Welt helfe.{\cq} Da gab ihm der Vater seinen Segen %S.88 und nahm mit gro"ser Trauer Abschied, der Sohn aber ward Soldat %S.88 und zog mit ins Feld. Als er vor den Feind kam, da gings %S.88 scharf her und regnete blaue Bohnen, da"s seine Kammeraden von %S.88 allen Seiten niederst"urzten. Endlich fiel auch ihr Anf"uhrer, da %S.88 wollten die "ubrigen fliehen, aber der J"ungling trat heraus, sprach %S.88 ihnen Muth ein und rief: {\oq}unser Vaterland wollen wir nicht lassen!{\cq} %S.88 Da folgten sie ihm und er drang ein und schlug den Feind. %S.88 Wie die Nachricht zum K"onig kam, da"s dieser allein die Schlacht %S.88 gewonnen h"atte, erhob er ihn, machte ihn zu einem m"achtigen %S.88 und angesehenen Manne und gab ihm gro"se Sch"atze %S.88 Dieser K"onig hatte eine sch"one aber wunderliche Tochter, die %S.88 einen seltsamen Schwur gethan. Wer n"amlich ihr Herr und Gemahl %S.88 werden wolle, m"usse versprechen, sie nicht zu "uberleben, also %S.88 da"s wenn sie zuerst st"urbe, er sich lebendig mit ihr m"u"se begraben %S.88 lassen; dagegen wollte sie ein gleiches thun, wenn er zuerst st"urbe. %S.88 Dieser Schwur aber hatte alle Freier abgeschreckt, weil ein jeder %S.89 sich f"urchtete, lebendig ins Grab gehen zu m"ussen. Nun sah der %S.89 J"ungling, als einer der ersten an des K"onigs Hof, die sch"one Tochter %S.89 und ward von ihrer Sch"onheit ganz eingenommen, da"s er endlich %S.89 bei dem alten K"onig um sie anhielt. Da antwortete der K"onig: %S.89 {\oq}wer meine Tochter heirathet, mu"s sich nicht f"urchten lebendig %S.89 in das Grab zu gehen;{\cq} und erz"ahlte ihm, was sie f"ur einen %S.89 Schwur gethan. Aber seine Liebe war so gro"s, da"s er das %S.89 Versprechen that und an die Gefahr nicht dachte, und da ward %S.89 ihre Hochzeit mit gro"ser Freude gefeiert. %S.89 Nun lebten sie eine Zeit lang gl"ucklich und vergn"ugt mit %S.89 einander, da geschah es, da"s die junge K"onigin krank ward und %S.89 kein Arzt ihr helfen konnte, also da"s sie starb. Und als sie todt %S.89 da lag, fiel ihm mit Schrecken ein, was er versprochen hatte, da"s %S.89 er sich lebendig mit ihr wolle begraben lassen und der alte K"onig %S.89 lie"s alle Thore mit Wachen besetzen, damit er nicht entfliehen %S.89 sollte und sprach, nun m"u"ste er halten was er gelobt h"atte. Als %S.89 der Tag kam, wo die Leiche in das k"onigliche Gew"olbe beigesetzt %S.89 wurde, da ward er mit hinab gef"uhrt und dann das Thor verriegelt %S.89 und verschlossen. Neben dem Sarg stand ein Tisch, darauf %S.89 ein Licht, vier Laibe Brot und vier Flaschen Wein, wenn das zu %S.89 Ende ging, mu"ste er verschmachten. %S.89 Nun sa"s er da bei dem Sarg voll Schmerz und Trauer und %S.89 a"s jeden Tag nur ein Bi"slein Brot, trank nur einen Schluck Wein, %S.89 und sah doch, wie der Tod immer n"aher r"uckte. Da geschah es, %S.89 da"s er einmal aus der Ecke des Gew"olbes eine Schlange hervorkriechen %S.89 sah, die sich der Leiche n"aherte. Und weil er dachte, sie %S.90 k"ame um die Leiche zu verletzen, zog er sein Schwert und sprach: %S.90 {\oq}so lang ich lebe, sollst du sie nicht anr"uhren{\cq} und hieb die Schlange %S.90 in drei St"ucke. "Uber eine Weile sah er, wie eine zweite Schlange %S.90 aus der Ecke herauskroch, doch als sie die andere da todt und %S.90 zerst"uckt liegen fand, kroch sie eilig zur"uck, kam aber bald wieder %S.90 und hatte drei Bl"atter im Munde. Dann nahm sie die drei %S.90 St"ucke von der Schlange, legte sie zusammen wie sichs geh"orte, %S.90 und that auf jede Wunde eins von den Bl"attern. Alsbald f"ugte %S.90 sich das Getrennte aneinander und die Schlange regte sich, war %S.90 lebendig und beide eilten fort; die Bl"atter aber blieben auf der %S.90 Erde liegen. Der Mann hatte alles mit angesehen und dachte: %S.90 {\oq}welche wunderbare Kraft mu"s in den Bl"attern stecken! haben %S.90 sie die Schlange wieder lebendig gemacht, so helfen sie vielleicht %S.90 auch einem Menschen.{\cq} Da hob er sie auf und legte eins davon %S.90 auf den Mund der Todten und auf jedes Auge eins. Alsbald %S.90 bewegte sich das Blut in ihrem Leib und stieg in das bleiche Angesicht, %S.90 da"s es sich wieder r"othete. Da zog sie Athem, schlug die %S.90 Augen auf und "offnete den Mund und sprach: {\oq}Ach Gott! wo %S.90 bin ich?{\cq} {\oq}Du bist bei mir, liebe Frau,{\cq} antwortete er, und gab %S.90 ihr etwas Wein und Brot um sie zu st"arken, und erz"ahlte ihr %S.90 dann alles, wie es gekommen, und er sie wieder ins Leben erweckt. %S.90 Da stand sie fr"ohlich auf und sie klopften an der Th"ure; %S.90 so laut, da"s es die Wachen h"orten und dem K"onige meldeten. %S.90 Der K"onig kam selbst und "offnete die Th"ure; da standen beide %S.90 frisch und gesund und er f"uhrte sie hinauf und freute sich mit ihnen, %S.90 da"s nun alle Noth "uberstanden war. Die drei Schlangenbl"atter %S.91 aber, die der junge K"onig mitgenommen, gab er einem %S.91 treuen Diener und sprach: {\oq}verwahr sie sorgf"altig und trag sie %S.91 zu jeder Zeit bei dir, wer wei"s, wie sie uns noch helfen k"onnen.{\cq} %S.91 Es war aber, als ob der Frau, seit sie ihr Mann wieder ins %S.91 Leben erweckt, das Herz sich ganz ver"andert und umgekehrt h"atte. %S.91 Und als nach einiger Zeit eine Fahrt nach seinem alten Vater geschehen %S.91 sollte und sie aufs Meer kamen, verga"s sie g"anzlich seine %S.91 gro"se Liebe und Treue, und es erwuchs in ihr eine b"ose Neigung %S.91 zu dem Schiffer. Und als der junge K"onig einmal da lag und %S.91 schlief, ging ihre Bosheit so weit, da"s sie zu dem Schiffer sprach: %S.91 {\oq}komm und hilf mir, wir wollen ihn ins Wasser werfen und zur"uck %S.91 fahren dann will ich sagen, er w"ar gestorben und du w"arst %S.91 w"urdig, mein Mann zu werden und die Krone meines Vaters zu %S.91 erben.{\cq} Da fa"ste sie ihm am Kopf und der Fischer an den F"u"sen %S.91 und warfen ihn "uber Bord, da"s er im Meer ertrinken mu"ste. %S.91 Nun w"are der Frau ihr Anschlag gelungen, wenn nicht der treue %S.91 Diener alles mit angesehen h"atte, der machte heimlich ein kleines %S.91 Schifflein von dem gro"sen los und fuhr der Leiche nach, und fischte %S.91 sie wieder auf. Darauf nahm er die drei Schlangenbl"atter und %S.91 legte sie ihm auf Augen und Mund, davon ward er alsbald wieder %S.91 lebendig. %S.91 Nun sprach er zu dem Diener: {\oq}wir wollen rudern Tag und %S.91 Nacht, damit wir fr"uher bei dem alten K"onig anlangen.{\cq} Der %S.91 K"onig aber, als er sie wieder sah, verwunderte sich und sprach: %S.91 {\oq}was ist euch begegnet?{\cq} Da erz"ahlte ihm der junge K"onig alles %S.91 und der alte sprach: {\oq}ich kanns nicht glauben, da"s meine %S.92 Tochter so schlecht soll gehandelt haben,{\cq} und hie"s sie beide in %S.92 eine verborgene Kammer gehen, da sollten sie sich vor jedermann %S.92 heimlich halten. Bald darauf landete die Frau mit dem gro"sen %S.92 Schiff und kam vor ihren Vater mit ganz betr"ubtem Gesicht. %S.92 Sprach er: {\oq}meine Tochter, warum kommst du allein, wo ist %S.92 dein Mann?{\cq} {\oq}Ach, antwortete sie, wie in gro"ser Trauer, er ist %S.92 pl"otzlich auf dem Meer krank geworden und gestorben; dieser gute %S.92 Schiffer hat mir beigestanden und wei"s, wie alles zugegangen %S.92 ist.{\cq} Da "offnete der K"onig die Kammer und hie"s die beiden %S.92 herausgehen und als sie ihren Mann erblickte, war sie wie vom %S.92 Donner ber"uhrt und sank auf die Knie und rief um Gnade. Der %S.92 K"onig aber sprach: {\oq}da ist keine Gnade, er hat f"ur dich sterben %S.92 wollen und du hast ihn im Schlaf umgebracht, du sollst deinen %S.92 verdienten Lohn haben. Da ward sie mit dem Schiffer in ein %S.92 l"ocheriges Schiff gesetzt und ins Meer hinausgetrieben. %S.92 %% %% ============================================================ %% Liste der im Originaltext enthaltenen zu korrigierenden %% W"orter, Interpunktions- und Anf"uhrungszeichen, usw. %% ============================================================ %% Seite 88, Zeile 17 %% [falsch] %% und angesehenen Manne und gab ihm gro"se Sch"atze %S.88 %% [richtig] %% und angesehenen Manne und gab ihm gro"se Sch"atze. %S.88 %% %% Seite 89, Zeile 7 %% [falsch] %% in das Grab zu gehen;{\cq} und erz"ahlte ihm, was sie f"ur einen %S.89 %% [richtig] %% in das Grab zu gehen{\cq}, und erz"ahlte ihm, was sie f"ur einen %S.89 %% %% Seite 90, Zeile 20 %% [falsch] %% bin ich?{\cq} {\oq}Du bist bei mir, liebe Frau,{\cq} antwortete er, und gab %S.90 %% [richtig] %% bin ich?{\cq} -- {\oq}Du bist bei mir, liebe Frau{\cq}, antwortete er, und gab %S.90 %% %% Seite 91, Zeile 13 %% [falsch] %% fahren dann will ich sagen, er w"ar gestorben und du w"arst %S.91 %% [richtig] %% fahren, dann will ich sagen, er w"ar gestorben und du w"arst %S.91 %% %% Seite 91, Zeile 15 %% [falsch] %% erben.{\cq} Da fa"ste sie ihm am Kopf und der Fischer an den F"u"sen %S.91 %% [richtig] %% erben.{\cq} Da fa"ste sie ihn am Kopf und der Fischer an den F"u"sen %S.91 %% %% Seite 92, Zeile 2 %% [falsch] %% Tochter so schlecht soll gehandelt haben,{\cq} und hie"s sie beide in %S.92 %% [richtig] %% Tochter so schlecht soll gehandelt haben{\cq}, und hie"s sie beide in %S.92 %% %% Seite 92, Zeile 7 %% [falsch] %% dein Mann?{\cq} {\oq}Ach, antwortete sie, wie in gro"ser Trauer, er ist %S.92 %% [richtig] %% dein Mann?{\cq} -- {\oq}Ach{\cq}, antwortete sie, wie in gro"ser Trauer, {\oq}er ist %S.92 %% %% Seite 92, Zeile 15 %% [falsch] %% verdienten Lohn haben. Da ward sie mit dem Schiffer in ein %S.92 %% [richtig] %% verdienten Lohn haben.{\cq} Da ward sie mit dem Schiffer in ein %S.92