% @book{bg_khm_1819-2, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen. % {G}esammelt durch die {B}r{\"{u}}der {G}rimm. % {Z}weiter {B}and. {M}it zwei {K}upfern. % {Z}weite vermehrte und verbesserte {A}uf{"|}lage", % publisher = "Gedruckt und verlegt bei G.\,Reimer", % address = "Berlin, Germany", % year = "1819", % volume = "2", % language = "German", % } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von Y. Kamezaki am 11. Januar 2003 % und "uberpr"uft von Y. Nagata am 26. Januar 2003 % %%% Besonderheiten f"ur den Fraktursatz: %% "| zur Vermeidung von Ligaturen; %% (Eingabe: e.g. auf"|fressen und Hof"|leute %% statt auffressen und Hofleute) %% "| auch f"ur das sogenannte runde s -- oder Schluss s -- im %% Kompositum (ansonsten wird dieses durch LaTeX -- und khm.sty -- %% von dem langen s richtig unterschieden und gesetzt); %% (Eingabe: e.g. Aus"|gang statt Ausgang) %% {} f"ur das runde s au"ser Komposita; %% (Eingabe: e.g. s{}' statt s') %% {\ck} f"ur ,,ck``, das bei der Silbentrennung am Zeilenende %% in die Form ,,k-k`` umgewandelt werden soll. % % Der erste M"archentext in jedem Band (i.e. ,,Der Froschk"onig % oder der eiserne Heinrich`` und ,,Der Arme und der Reiche``) % und der erste Kinderlegendentext (i.e. ,,Der heilige Joseph % im Walde``) sind mit einem Versalsatz geschm"uckt im Orginal. % Bei all den anderen Texten ist jede erste Zeile einger"uckt. % \maerchentitel{Der Arme und der Reiche} % 87. %S.1 % Der Arme und der Reiche. %S.1 \lettrine[lines=1]{V}{or} alten Zeiten, als der liebe Gott noch selber auf Erden %S.1 unter den Menschen wandelte, trug es sich zu, da"s er eines Abends %S.1 m"ude war und ihn die Nacht "uberfiel, eh' er zu einer Herberge %S.1 kommen konnte. Nun standen auf dem Weg vor ihm zwei H"auser %S.1 einander gegen"uber, das eine gro"s und sch"on, das andere klein %S.1 und "armlich anzusehen, und geh"orte das gro"se einem reichen, das %S.1 kleine einem armen Manne. Da dachte unser Herr Gott: dem %S.1 Reichen werde ich nicht beschwerlich fallen, bei ihm will ich anklopfen. %S.1 Der Reiche, als er an seine Th"ure klopfen h"orte, machte %S.1 das Fenster auf und fragte den Fremdling, was er suche? Der %S.1 Herr antwortete: {\oq}ich bitte nur um ein Nachtlager.{\cq} Der Reiche %S.1 guckte den Wanders"|mann an vom Haupt bis zu den F"u"sen, und %S.1 weil der liebe Gott schlichte Kleider trug und nicht aus"|sah wie %S.1 einer, der viel Geld in der Tasche hat, sch"uttelte er mit dem %S.1 Kopf und sprach: {\oq}ich kann euch nicht aufnehmen, meine Kammern %S.1 liegen voll Kr"auter und Samen, und sollte ich einen jeden herbergen, %S.1 der an meine Th"ure klopfte, so k"onnte ich selber den %S.1 Bettelstab in die Hand nehmen. Sucht anders"|wo ein Aus"|kommen.{\cq} %S.1 % Kinderm"a rchen II. A %S.1 Schlug damit sein Fenster zu und lie"s den lieben Gott %S.2 stehen. Also kehrte ihm der liebe Gott den R"u{\ck}en, ging hin"uber %S.2 zu dem kleinen Haus und klopfte an. Kaum hatte er angeklopft, %S.2 klinkte der Arme schon sein Th"urchen auf und bat den Wanders"|mann %S.2 einzutreten und bei ihm die Nacht "uber zu bleiben: {\oq}es %S.2 ist schon finster, sagte er, und heute k"onnt ihr doch nicht weiter %S.2 kommen.{\cq} Da gefiel es dem lieben Gott und er trat zu ihm %S.2 ein; die Frau des Armen reichte ihm die Hand, hie"s ihn willkommen %S.2 und sagte, er m"ochte sichs bequem machen und vorlieb %S.2 nehmen, sie h"atten nicht viel, aber was es w"are, g"aben sie von %S.2 Herzen gern. Dann setzte sie Kartoffeln ans Feuer und derweil %S.2 sie kochten, melkte sie ihre Ziege, damit sie ein Bis"|chen Milch %S.2 dazu h"atten. Und als der Tisch gedeckt war, setzte sich der liebe %S.2 Gott zu ihnen und a"s mit und schmeckte ihm die schlechte Kost %S.2 gut, denn es waren vergn"ugte Gesichter dabei. Wie sie gegessen %S.2 hatten und Schlafens"|zeit war, rief die Frau heimlich ihren Mann %S.2 und sprach: {\oq}h"or', lieber Mann, wir wollen uns heut' Nacht %S.2 eine Streu dahin machen, damit der arme Wanderer sich in unser %S.2 Bett legen und aus"|ruhen kann, er is"|t den ganzen Tag "uber %S.2 gegangen, da wird einer m"ud.{\cq} {\oq}Von Herzen gern, antwortete %S.2 er, ich wilis ihm anbieten,{\cq} ging zu dem lieben Gott und bat %S.2 ihn, wenns ihm recht w"are, m"ocht' er sich in ihr Bett legen und %S.2 seine Glieder ordentlich aus"|ruhen. Der liebe Gott aber wollte %S.2 den beiden Alten ihr Lager nicht nehmen, doch lie"sen sie nicht ab, %S.2 bis er es endlich that und sich in ihr Bett legte; sich selbst aber %S.2 machten sie eine Streu auf die Erde. Am andern Morgen standen %S.2 sie vor Tag schon auf und kochten dem Gast ein armes Fr"uhst"uck. %S.3 Als nun die Sonne durchs Fensterlein herein schien und der %S.3 liebe Gott aufgestanden war, a"s er wieder mit ihnen und wollte %S.3 dann seines Weges ziehen. Doch als er in der Th"ure stand, %S.3 sprach er: {\oq}weil ihr so mitleidig und fromm seyd, so w"unscht %S.3 euch dreierlei, das will ich euch erf"ullen.{\cq} Da sagte der Arme: %S.3 {\oq}was soll ich mir sonst w"unschen, als die ewige Seligkeit, und %S.3 da"s wir zwei, so lang wir leben, gesund sind und unser nothd"urftiges, %S.3 t"agliches Brot haben; f"urs Dritte wei"s ich mir nichts %S.3 zu w"unschen.{\cq} Der liebe Gott sprach: {\oq}willst du dir nicht ein %S.3 neues Haus f"ur das alte w"unschen?{\cq} Da sagte der Mann, ja, %S.3 wenn das ging, w"ars ihm wohl lieb. Nun erf"ullte der Herr ihre %S.3 W"unsche und verwandelte ihr altes Haus in ein sch"ones neues, %S.3 und als das geschehen war, verlie"s er sie und zog weiter. %S.3 Als es voller Tag war, der Reiche aufstand und sich ins %S.3 Fenster legte, sah er gegen"uber ein sch"ones neues Haus stehen %S.3 statt der alten H"utte. Da machte er Augen, rief seine Frau und %S.3 sprach: {\oq}Frau, sieh einmal, wie ist das zugegangen? Gestern %S.3 Abend stand dort eine elende H"utte und nun ists ein sch"ones neues %S.3 Haus; lauf doch einmal hin"uber und h"or', wie das gekommen ist.{\cq} %S.3 Die Frau ging hin und fragte den Armen aus, der erz"ahlte ihr: %S.3 {\oq}gestern Abend kam ein Wanderer, der suchte Nachtherberge, und %S.3 heute Morgen beim Abschied hat er uns drei W"unsche gew"ahrt: %S.3 die ewige Seligkeit, Gesundheit in diesem Leben und das nothd"urftige %S.3 t"agliche Brot und statt unserer alten H"utte ein sch"ones %S.3 neues Haus.{\cq} Als die Frau des Reichen das geh"ort hatte, lief %S.3 % A 2 %S.3 sie fort und erz"ahlte es ihrem Manne, der sprach: {\oq}ich m"ochte %S.4 mich zerreissen und zerschlagen, h"att' ich das gewu"st, der Fremde %S.4 ist auch bei mir gewesen, ich habe ihn aber abgewiesen.{\cq} {\oq}Eil %S.4 dich, sprach die Frau, und setz dich auf dein Pferd, der Mann %S.4 ist noch nicht weit, du mu"st ihn einholen, und dir auch drei %S.4 W"unsche gew"ahren lassen.{\cq} %S.4 Da setzte sich der Reiche auf und holte den lieben Gott ein, %S.4 redete fein und lieblich zu ihm und sprach, er m"ocht's nicht "ubel %S.4 nehmen, da"s er ihn nicht gleich eingelassen, er h"atte den Schl"ussel %S.4 zur Haus"|th"ure gesucht, derweil w"are er weggegangen; wenn %S.4 er zur"uckk"ame, m"u"ste er bei ihm einkehren. {\oq}Ja, sprach der %S.4 liebe Gott, wenn ich einmal zur"uckkomme, will ich es thun.{\cq} Da %S.4 fragte der Reiche, ob er nicht auch drei W"unsche thun d"urfte, wie %S.4 sein Nachbar? {\oq}Ja, sagte der liebe Gott, das d"urfe er wohl, %S.4 es w"are aber nicht gut f"ur ihn, und sollte sich lieber nichts w"unschen.{\cq} %S.4 Der Reiche aber meinte, er wollte sich schon etwas Gutes %S.4 aus"|suchen, wenn es nur gewi"s erf"ullt w"urde. Sprach der %S.4 liebe Gott: {\oq}reite nur heim und drei W"unsche, die du thust, die %S.4 sollen erf"ullt werden.{\cq} %S.4 Nun hatte der Reiche, was er wollte, ritt heimw"arts und %S.4 besann sich, was er sich w"unschen sollte; wie er so nachdachte und %S.4 die Z"ugel fallen lie"s, fing das Pferd an zu springen, so da"s er %S.4 immerfort in seinen Gedanken gest"ort wurde und sie gar nicht zusammen %S.4 bringen konnte. Da ward er "uber das Pferd "argerlich %S.4 und sprach in Ungeduld: {\oq}ei so wollt' ich, da"s du den Hals zerbr"achst!{\cq} %S.4 und wie er das Wort aus"|gesprochen, plump! fiel er %S.4 auf die Erde und lag das Pferd todt und regte sich nicht mehr %S.5 und war der erste Wunsch erf"ullt. Weil er aber geizig war, %S.5 wollt' er das Sattelzeug nicht im Stich lassen, schnitt's ab, hing's %S.5 auf den R"u{\ck}en und mu"ste nun zu Fu"s nach Haus gehen. Doch %S.5 tr"ostete er sich, da"s ihm noch zwei W"unsche"ubrig w"aren. Wie %S.5 er nun dahin ging durch den Sand und als zu Mittag die Sonne %S.5 hei"s brannte, ward's ihm so warm und verdrie"slich zu Muth, %S.5 der Sattel dr"uckte ihn dazu auf den R"u{\ck}en, auch war ihm noch %S.5 immer nicht eingefallen, was er sich w"unschen sollte. Wenn er %S.5 meinte, er h"atte etwas, da schien's ihm hernach doch viel zu wenig %S.5 und gering. Da kam's ihm so in die Gedanken, was es seine %S.5 Frau jetzt gut habe, die sitze daheim in einer k"uhlen Stube und %S.5 lasse sich's wohl schme{\ck}en. Das "argerte ihn ordentlich und ohne %S.5 da"s er's wu"ste, sprach er so hin: {\oq}ich wollt', die s"a"s daheim %S.5 auf dem Sattel und k"onnt' nicht herunter, statt da"s ich ihn da %S.5 auf dem R"u{\ck}en schleppe.{\cq} Und wie die Worte zu End' waren, %S.5 da war der Sattel von seinem R"u{\ck}en fort, und merkte er, da"s %S.5 sein zweiter Wunsch auch in Erf"ullung gegangen war. Da ward %S.5 ihm erst recht hei"s und er fing an zu laufen und wollte sich daheim %S.5 ganz einsam hinsetzen und auf was Gro"ses f"ur den letzten %S.5 Wunsch nachdenken. Wie er aber ankommt und seine Stubenth"ur %S.5 aufmacht, sitzt da seine Frau mittendrin auf dem Sattel und %S.5 kann nicht herunter, jammert und schreit. Da sprach er: {\oq}gib %S.5 dich zufrieden, ich will dir alle Reichth"umer der Welt herbei w"unschen, %S.5 nur bleib da sitzen.{\cq} Sie antwortete aber: {\oq}was helfen %S.5 mir alle Reichth"umer der Welt, wenn ich auf dem Sattel sitze; %S.5 du hast mich darauf gew"unscht, du mu"st mir auch wieder herunter %S.6 helfen.{\cq} Er mochte wollen oder nicht, er mu"ste den dritten %S.6 Wunsch thun, da"s sie vom Sattel ledig w"ar' und heruntersteigen %S.6 k"onnte, und der ward auch erf"ullt. Also hatte er nichts davon %S.6 als "Arger, M"uh' und ein verlorenes Pferd; die Armen aber %S.6 lebten vergn"ugt, still und fromm bis an ihr seliges Ende. %S.6 %% %% ============================================================ %% Liste der im Originaltext enthaltenen zu korrigierenden %% W"orter, Interpunktions- und Anf"uhrungszeichen, usw. %% ============================================================ %% Seite 2, Zeile 6 %% [falsch] %% ist schon finster, sagte er, und heute k"onnt ihr doch nicht weiter %S.2 %% [richtig] %% ist schon finster{\cq}, sagte er, {\oq}und heute k"onnt ihr doch nicht weiter %S.2 %% %% Seite 2, Zeile 20 %% [falsch] %% gegangen, da wird einer m"ud.{\cq} {\oq}Von Herzen gern, antwortete %S.2 %% [richtig] %% gegangen, da wird einer m"ud.{\cq} -- {\oq}Von Herzen gern{\cq}, antwortete %S.2 %% %% Seite 2, Zeile 21 %% [falsch] %% er, ich wilis ihm anbieten,{\cq} ging zu dem lieben Gott und bat %S.2 %% [richtig] %% er, {\oq}ich wilis ihm anbieten{\cq}, ging zu dem lieben Gott und bat %S.2 %% %% Seite 4, Zeile 2 %% [falsch] %% mich zerreissen und zerschlagen, h"att' ich das gewu"st, der Fremde %S.4 %% [richtig] %% mich zerreissen und zerschlagen, h"att' ich das gewu"st; der Fremde %S.4 %% %% Seite 4, Zeile 3 %% [falsch] %% ist auch bei mir gewesen, ich habe ihn aber abgewiesen.{\cq} {\oq}Eil %S.4 %% [richtig] %% ist auch bei mir gewesen, ich habe ihn aber abgewiesen.{\cq} -- {\oq}Eil %S.4 %% %% Seite 4, Zeile 4 %% [falsch] %% dich, sprach die Frau, und setz dich auf dein Pferd, der Mann %S.4 %% [richtig] %% dich{\cq}, sprach die Frau, {\oq}und setz dich auf dein Pferd, der Mann %S.4 %% %% Seite 4, Zeile 11 %% [falsch] %% er zur"uckk"ame, m"u"ste er bei ihm einkehren. {\oq}Ja, sprach der %S.4 %% [richtig] %% er zur"uckk"ame, m"u"ste er bei ihm einkehren. {\oq}Ja{\cq}, sprach der %S.4 %% %% Seite 4, Zeile 12 %% [falsch] %% liebe Gott, wenn ich einmal zur"uckkomme, will ich es thun.{\cq} Da %S.4 %% [richtig] %% liebe Gott, {\oq}wenn ich einmal zur"uckkomme, will ich es thun.{\cq} Da %S.4 %% %% Seite 4, Zeile 14 %% [falsch] %% sein Nachbar? {\oq}Ja, sagte der liebe Gott, das d"urfe er wohl, %S.4 %% [richtig] %% sein Nachbar. {\oq}Ja{\cq}, sagte der liebe Gott, das d"urfe er wohl, %S.4 %% %% Seite 4, Zeile 15 %% [falsch] %% es w"are aber nicht gut f"ur ihn, und sollte sich lieber nichts w"unschen.{\cq} %S.4 %% [richtig] %% es w"are aber nicht gut f"ur ihn, und sollte sich lieber nichts w"unschen. %S.4 %% %% Seite 4, Zeile 25 %% [falsch] %% und sprach in Ungeduld: {\oq}ei so wollt' ich, da"s du den Hals zerbr"achst!{\cq} %S.4 %% [richtig] %% und sprach in Ungeduld: {\oq}ei so wollt' ich, da"s du den Hals zerbr"achst!{\cq}, %S.4