% @book{bg_khm_1819-2, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen. % {G}esammelt durch die {B}r{\"{u}}der {G}rimm. % {Z}weiter {B}and. {M}it zwei {K}upfern. % {Z}weite vermehrte und verbesserte {A}uf{"|}lage", % publisher = "Gedruckt und verlegt bei G.\,Reimer", % address = "Berlin, Germany", % year = "1819", % volume = "2", % language = "German", % } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von A. Tokunaga am 21. Januar 2003 % und "uberpr"uft von Y. Nagata am 06. Februar 2003 % \maerchentitel{Der Jude im Dorn} % 110. %S.119 % Der Jude im Dorn. %S.119 Ein Bauer hatte einen gar getreuen und flei"sigen Knecht, der %S.119 diente ihm schon drei Jahre, ohne da"s er ihm seinen Lohn bezahlt %S.119 hatte. Da fiel es ihm endlich bei, da"s er doch nicht ganz umsonst %S.119 arbeiten wollte, ging vor seinen Herrn und sprach: {\oq}ich habe euch %S.119 unverdrossen und redlich gedient die lange Zeit, darum so vertraue %S.119 ich zu euch, da"s ihr mir nun geben wollet, was mir von %S.119 Gottes Recht geb"uhrt.{\cq} Der Bauer aber war ein Filz und %S.119 wu"ste, da"s der Knecht ein einf"altiges Gem"uth hatte, nahm drei %S.119 Pfennige und gab sie ihm, f"ur jedes Jahr einen Pfennig, damit %S.119 w"are er bezahlt. Und der Knecht meinte ein gro"ses Gut in H"anden %S.119 zu haben, dachte: {\oq}was willst du dir's l"anger sauer werden %S.119 lassen, du kannst dich nun pflegen und in der Welt frei lustig %S.119 machen.{\cq} Steckte sein gro"ses Geld in den Sack und wanderte %S.119 fr"ohlich "uber Berg und Thal. %S.119 Wie er auf ein Feld kam singend und springend, erschien ihm %S.119 ein kleines M"annlein, das fragte ihn seiner Lustigkeit wegen. %S.119 {\oq}Ei! was sollt' ich trauern, gesund bin ich, und Geldes hab' ich %S.119 grausam viel, brauche nichts zu sorgen; was ich in drei Jahren %S.119 bei meinem Herrn erdient, das hab' ich gespart und ist all' mein.{\cq} %S.119 {\oq}Wie viel ist denn deines Guts?{\cq} sprach das M"annlein. Drei %S.119 ganzer Pfennig, sagte der Knecht. {\oq}Schenk' mir deine drei %S.119 Pfennige, ich bin ein armer Mann.{\cq} Der Knecht war aber gutm"uthig, %S.119 erbarmte sich und gab sie hin. Sprach der Mann: {\oq}weil %S.119 du reines Herzens bist, sollen dir drei W"unsche erlaubt seyn, f"ur %S.120 jeden Pfennig einer, so hast du was dein Sinn begehrt.{\cq} Das %S.120 war der Knecht wohl zufrieden, dachte, Sachen sind mir lieber %S.120 als Geld und sprach: {\oq}erstens w"unsche ich mir ein Vogelrohr, das %S.120 alles trifft, was ich ziele, zweitens eine Fiedel, wenn ich die %S.120 streiche, mu"s alles tanzen, was sie h"ort; drittens, warum ich %S.120 die Leute bitte, da"s sie es mir nicht abschlagen d"urfen.{\cq} Das %S.120 M"annchen sagte: alles sey dir gew"ahrt und stellte ihm Fiedel und %S.120 Vogelrohr zu; darauf ging es seiner Wege. %S.120 Mein Knecht aber, war er vorher froh gewesen, d"unkte er %S.120 sich jetzt noch zehnmal froher, und ging nicht lange zu, so begegnete %S.120 ihm ein alter Jude. Da stand ein Baum und oben drauf %S.120 auf dem h"ochsten Zweig sa"s eine kleine Lerche und sang und sang. %S.120 {\oq}Gotts Wunder! was so ein Thierlein kann, h"att' ich's, g"ab' %S.120 viel darum.{\cq} {\oq}Wenn es weiter nichts ist, die soll bald herunter,{\cq} %S.120 sagte der Knecht, setzte sein Rohr an und scho"s die Lerche %S.120 auf das Haar, da"s sie den Baum herabfiel, {\oq}geht hin und leset %S.120 sie auf,{\cq} sie war aber ganz tief in die Dornen unten am Baum %S.120 hineingefallen. Da kroch der Jude in den Busch und wie er mitten %S.120 drin stack, zog mein Knecht seine Fiedel und geigte, fing der %S.120 Jude an zu tanzen und hatte keine Ruh, sondern sprang immer %S.120 st"arker und h"oher; der Dorn aber zerstach seine Kleider, da"s die %S.120 Fetzen herum hingen und ritzte und wundete ihn, da"s er am ganzen %S.120 Leibe blutete. {\oq}Gotts willen! schrie der Jude, la"s der Herr %S.120 sein Geigen seyn, was hab' ich verbrochen?{\cq} Die Leute hast du %S.120 genug geschunden, dachte der lustige Knecht, so geschieht dir kein %S.120 unrecht, und spielte einen neuen H"upfauf. Da legte sich der Jude %S.121 auf Bitten und Versprechen und wollte ihm Geld geben, wenn %S.121 er aufh"orte, allein das Geld war dem Knecht erst lange nicht genug %S.121 und trieb ihn immer weiter, bis der Jude ihm hundert harte %S.121 Gulden verhie"s, die er im Beutel f"uhrte und eben einem Christen %S.121 abgeprellt hatte. Wie mein Knecht das viele Geld sah, sprach %S.121 er: {\oq}unter dieser Bedingung ja,{\cq} nahm den Beutel und stellte %S.121 sein Fiedeln ein; darauf ging er ruhig und vergn"ugt weiter die %S.121 Stra"se. %S.121 Der Jude ri"s sich halb nackt und armselig aus dem Dornstrauch, %S.121 "uberschlug, wie er sich r"achen m"ochte, und fluchte dem %S.121 Gesellen alles B"ose nach. Lief endlich zum Richter, klagte da"s er %S.121 von einem B"osewicht unverschuldeter Weise seines Geldes beraubt %S.121 und noch dazu zerschlagen w"are, da"s es erbarmte, und der Kerl, %S.121 der es gethan h"atte, tr"uge ein Rohr auf dem Buckel und eine %S.121 Geige hinge an seinem Hals. Da sandte der Richter Boten und %S.121 H"ascher aus, die sollten den Knecht fahen, wo sie ihn k"onnten %S.121 sehen, der wurde bald ertappt und vor Gericht gestellt. Da klagte %S.121 der Jude, da"s er ihm das Geld geraubt h"atte, der Knecht sagte: %S.121 {\oq}nein, gegeben hast du mir's, weil ich dir aufgespielt habe,{\cq} %S.121 aber der Richter machte das Ding kurz und verurtheilte meinen %S.121 Knecht zum Tod am Galgen. Schon stand er auf der Leitersprosse, %S.121 den Strick am Hals, da sprach er: {\oq}Herr Richter, gew"ahrt mir %S.121 eine letzte Bitte!{\cq} -- {\oq}Wofern du nicht dein Leben bittest, soll %S.121 sie gew"ahrt seyn.{\cq} {\oq}Nein, um mein Leben ist's nicht, la"st mich %S.121 noch eins auf meiner Geige geigen zu guter Letzt.{\cq} Da schrie %S.121 der Jude: {\oq}bewahre Gott! erlaubt's ihm nicht! erlaubt's ihm %S.122 nicht!{\cq} allein das Gericht sagte: {\oq}einmal ist es ihm zugestanden %S.122 und dabei soll's bewenden,{\cq} auch durften sie's ihm nicht weigern, %S.122 weil er die Gabe hatte, da"s ihm keiner die Bitte abschlug. Da %S.122 schrie der Jude: {\oq}bindet mich fest, um Gotteswillen!{\cq} mein Knecht %S.122 aber fa"ste seine Fiedel und that einen Strich, da wankte alles %S.122 und bewegte sich, Richter, Schreiber und Schergen und den Jud' %S.122 konnte keiner binden, und er that den zweiten Strich, da lie"s ihn %S.122 der Henker los und tanzte selber, und wie er nun ordentlich in's %S.122 Geigen kam, tanzte alles zusammen, Gericht und der Jude vornen %S.122 und alle Leute auf dem Markt die da wollten zuschauen. %S.122 Und anfangs ging's lustig, weil aber das Geigen und Tanzen %S.122 kein Ende nahm, so schrien sie j"ammerlich und baten ihn, abzulassen, %S.122 aber er that's nicht eher, bis ihm der Richter das Leben %S.122 nicht nur schenkte, sondern auch versprach die hundert Gulden zu %S.122 lassen. Aber noch rief er dem Juden zu: {\oq}Spitzbub' gesteh wo %S.122 du das Geld her hast, sonst h"or' ich dir nicht auf zu spielen.{\cq} %S.122 {\oq}Ich hab's gestohlen, ich hab's gestohlen und du hattest es ehrlich %S.122 verdient{\cq} schrie der Jude, da"s es alle h"orten. Da lie"s %S.122 mein Knecht die Geige ruhen und der Schuft wurde f"ur ihn an %S.122 den Galgen geh"angt. %S.122 %% %% ============================================================ %% Liste der im Originaltext enthaltenen zu korrigierenden %% W"orter, Interpunktions- und Anf"uhrungszeichen, usw. %% ============================================================ %% Seite 119, Zeile 20 %% [falsch] %% {\oq}Wie viel ist denn deines Guts?{\cq} sprach das M"annlein. Drei %S.119 %% [richtig] %% -- {\oq}Wie viel ist denn deines Guts?{\cq}, sprach das M"annlein. {\oq}Drei %S.119 %% %% Seite 119, Zeile 21 %% [falsch] %% ganzer Pfennig, sagte der Knecht. {\oq}Schenk' mir deine drei %S.119 %% [richtig] %% ganzer Pfennig{\cq}, sagte der Knecht. {\oq}Schenk' mir deine drei %S.119 %% %% Seite 120, Zeile 3 %% [falsch] %% war der Knecht wohl zufrieden, dachte, Sachen sind mir lieber %S.120 %% [richtig] %% war der Knecht wohl zufrieden, dachte, {\oq}Sachen sind mir lieber %S.120 %% %% Seite 120, Zeile 4 %% [falsch] %% als Geld und sprach: {\oq}erstens w"unsche ich mir ein Vogelrohr, das %S.120 %% [richtig] %% als Geld{\cq}, und sprach: {\oq}erstens w"unsche ich mir ein Vogelrohr, das %S.120 %% %% Seite 120, Zeile 8 %% [falsch] %% M"annchen sagte: alles sey dir gew"ahrt und stellte ihm Fiedel und %S.120 %% [richtig] %% M"annchen sagte: {\oq}alles sey dir gew"ahrt{\cq}, und stellte ihm Fiedel und %S.120 %% %% Seite 120, Zeile 15 %% [falsch] %% viel darum.{\cq} {\oq}Wenn es weiter nichts ist, die soll bald herunter,{\cq} %S.120 %% [richtig] %% viel darum.{\cq} -- {\oq}Wenn es weiter nichts ist, die soll bald herunter{\cq}, %S.120 %% %% Seite 120, Zeile 18 %% [falsch] %% sie auf,{\cq} sie war aber ganz tief in die Dornen unten am Baum %S.120 %% [richtig] %% sie auf{\cq}, sie war aber ganz tief in die Dornen unten am Baum %S.120 %% %% Seite 120, Zeile 24 %% [falsch] %% Leibe blutete. {\oq}Gotts willen! schrie der Jude, la"s der Herr %S.120 %% [richtig] %% Leibe blutete. {\oq}Gotts willen!{\cq}, schrie der Jude, {\oq}la"s der Herr %S.120 %% %% Seite 120, Zeile 25 %% [falsch] %% sein Geigen seyn, was hab' ich verbrochen?{\cq} Die Leute hast du %S.120 %% [richtig] %% sein Geigen seyn, was hab' ich verbrochen?{\cq} -- {\oq}Die Leute hast du %S.120 %% %% Seite 120, Zeile 26 %% [falsch] %% genug geschunden, dachte der lustige Knecht, so geschieht dir kein %S.120 %% [richtig] %% genug geschunden{\cq}, dachte der lustige Knecht, {\oq}so geschieht dir kein %S.120 %% %% Seite 121, Zeile 1 %% [falsch] %% unrecht, und spielte einen neuen H"upfauf. Da legte sich der Jude %S.121 %% [richtig] %% unrecht{\cq}, und spielte einen neuen H"upfauf. Da legte sich der Jude %S.121 %% %% Seite 121, Zeile 7 %% [falsch] %% er: {\oq}unter dieser Bedingung ja,{\cq} nahm den Beutel und stellte %S.121 %% [richtig] %% er: {\oq}unter dieser Bedingung ja{\cq}, nahm den Beutel und stellte %S.121 %% %% Seite 121, Zeile 20 %% [falsch] %% {\oq}nein, gegeben hast du mir's, weil ich dir aufgespielt habe,{\cq} %S.121 %% [richtig] %% {\oq}nein, gegeben hast du mir's, weil ich dir aufgespielt habe{\cq}, %S.121 %% %% Seite 121, Zeile 25 %% [falsch] %% sie gew"ahrt seyn.{\cq} {\oq}Nein, um mein Leben ist's nicht, la"st mich %S.121 %% [richtig] %% sie gew"ahrt seyn.{\cq} -- {\oq}Nein, um mein Leben ist's nicht, la"st mich %S.121 %% %% Seite 122, Zeile 2 %% [falsch] %% nicht!{\cq} allein das Gericht sagte: {\oq}einmal ist es ihm zugestanden %S.122 %% [richtig] %% nicht!{\cq}, allein das Gericht sagte: {\oq}einmal ist es ihm zugestanden %S.122 %% %% Seite 122, Zeile 3 %% [falsch] %% und dabei soll's bewenden,{\cq} auch durften sie's ihm nicht weigern, %S.122 %% [richtig] %% und dabei soll's bewenden{\cq}, auch durften sie's ihm nicht weigern, %S.122 %% %% Seite 122, Zeile 5 %% [falsch] %% schrie der Jude: {\oq}bindet mich fest, um Gotteswillen!{\cq} mein Knecht %S.122 %% [richtig] %% schrie der Jude: {\oq}bindet mich fest, um Gotteswillen!{\cq}, mein Knecht %S.122 %% %% Seite 122, Zeile 18 %% [falsch] %% {\oq}Ich hab's gestohlen, ich hab's gestohlen und du hattest es ehrlich %S.122 %% [richtig] %% -- {\oq}Ich hab's gestohlen, ich hab's gestohlen und du hattest es ehrlich %S.122 %% %% Seite 122, Zeile 19 %% [falsch] %% verdient{\cq} schrie der Jude, da"s es alle h"orten. Da lie"s %S.122 %% [richtig] %% verdient{\cq}, schrie der Jude, da"s es alle h"orten. Da lie"s %S.122