% @book{bg_khm_1819-2, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen. % {G}esammelt durch die {B}r{\"{u}}der {G}rimm. % {Z}weiter {B}and. {M}it zwei {K}upfern. % {Z}weite vermehrte und verbesserte {A}uf{"|}lage", % publisher = "Gedruckt und verlegt bei G.\,Reimer", % address = "Berlin, Germany", % year = "1819", % volume = "2", % language = "German", % } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von A. Tokunaga am 01. Februar 2003 % und "uberpr"uft von Y. Nagata am 13. Februar 2003 % \maerchentitel{Die zertanzten Schuhe} % 133. %S.225 % Die zertanzten Schuhe. %S.225 Es war einmal ein K"onig, der hatte zw"olf T"ochter, eine %S.225 immer sch"oner als die andere, die hatten ihre zw"olf Betten zusammen %S.225 in einem Saal, und wann sie waren schlafen gegangen, %S.225 wurde die Th"ure verschlossen und verriegelt, und doch waren jeden %S.225 % Kinderm"archen II. P %S.225 Morgen ihre Schuhe zertanzt und wu"ste niemand, wo sie gewesen %S.226 und wie es zugegangen war. Da lie"s der K"onig ausrufen, wers %S.226 k"onnte ausfindig machen, wo sie in der Nacht tanzten, der sollte %S.226 sich eine davon zur Frau w"ahlen und nach seinem Tod K"onig seyn; %S.226 wer sich aber meldete und es nach drei Tagen und N"achten nicht %S.226 herausbr"achte, der h"atte sein Leben verwirkt. Es kam bald ein %S.226 K"onigssohn, der ward wohl aufgenommen, und Abends in das %S.226 Zimmer gef"uhrt, das vor dem Schlafsaal der zw"olf T"ochter war, %S.226 da stand sein Bett und da sollte er Acht haben, wo sie hingingen %S.226 und tanzten; und damit sie nichts heimlich treiben konnten oder %S.226 zu einem andern Ort hinausgingen, war auch die Saalth"ure offen %S.226 gelassen. Der K"onigssohn aber schlief ein und als er am Morgen %S.226 aufwachte, waren alle zw"olfe zum Tanz gewesen, denn ihre Schuhe %S.226 standen da und hatten L"ocher in den Sohlen. Den zweiten und %S.226 dritten Abend gings eben so und da ward ihm sein Haupt abgeschlagen; %S.226 und so kamen noch viele und meldeten sich zu dem Wagest"uck, %S.226 sie mu"sten aber alle ihr Leben lassen. Nun trug sichs %S.226 zu, da"s ein armer Soldat, der eine Wunde hatte und nicht mehr %S.226 dienen konnte, nach der Stadt zuging, wo der K"onig wohnte. %S.226 Da begegnete ihm eine alte Frau, die fragte ihn, wo er hin wollte. %S.226 {\oq}Ich wei"s selber nicht recht, sprach er, aber ich h"atte wohl Lust %S.226 K"onig zu werden und auszumachen, wo die K"onigst"ochter ihre %S.226 Schuhe vertanzten.{\cq} {\oq}Ei, sagte die Alte, das ist so schwer %S.226 nicht, du mu"st nur den Wein nicht trinken, den dir die eine %S.226 Abends bringt, und mu"st thun, als w"arst du fest eingeschlafen.{\cq} %S.226 Darauf gab sie ihm ein M"antelchen und sprach: {\oq}wenn du das %S.226 umh"angst, so bist du unsichtbar und kannst den Zw"olfen dann %S.227 nachschleichen.{\cq} Wie der Soldat so guten Rath bekommen hatte, %S.227 wards Ernst bei ihm, so da"s er sich ein Herz fa"ste, vor den %S.227 K"onig ging, und sich als Freier meldete. Er ward so gut aufgenommen %S.227 wie die andern auch, und wurden ihm k"onigliche Kleider %S.227 angethan. Abends zur Schlafenszeit wurde er in das Vorzimmer %S.227 gef"uhrt, und als er zu Bette gehen wollte, kam die %S.227 "alteste und brachte ihm einen Becher Wein, aber er hatte sich %S.227 einen Schwamm unter das Kinn gebunden und lie"s den Wein %S.227 da hineinlaufen und trank keinen Tropfen. Dann legte er sich %S.227 nieder, und als er ein Weilchen gelegen hatte, fing er an zu %S.227 schnarchen, wie im tiefsten Schlaf. Das h"orten die zw"olf K"onigst"ochter, %S.227 lachten und die "alteste sprach: {\oq}der h"atte auch sein %S.227 Leben sparen k"onnen!{\cq} Darnach standen sie auf, "offneten Schr"anke, %S.227 Kisten und Kasten, und holten pr"achtige Kleider heraus, putzten %S.227 sich vor den Spiegeln, sprangen herum und freuten sich auf den %S.227 Tanz. Nur die j"ungste sagte: {\oq}ich wei"s nicht, ihr freut euch, %S.227 aber mir ist so wunderlich zu Muthe, gewi"s widerf"ahrt uns ein %S.227 Ungl"uck.{\cq} -- {\oq}Du Schneegans, sagte die "alteste, du f"urchtest %S.227 dich immer, hast du vergessen, wie viel K"onigss"ohne schon umsonst %S.227 da gewesen sind; dem Soldaten h"att' ich nicht einmal brauchen %S.227 einen Schlaftrunk zu geben, er w"ar' doch nicht aufgewacht.{\cq} %S.227 Wie sie alle fertig waren, sahen sie erst nach dem Soldaten, %S.227 aber der r"uhrte und regte sich nicht, und wie sie nun glaubten, %S.227 ganz sicher zu seyn, so ging die "alteste an ihr Bett und klopfte %S.227 daran; alsbald sank es in die Erde und "offnete sich eine Fallth"ur. %S.227 % P 2 %S.227 Da sah der Soldat, wie sie hinunter stiegen, eine nach der andern, %S.228 die "alteste voran; es war keine Zeit f"ur ihn zu verlieren, %S.228 er richtete sich auf, hing sein M"antelchen um, und stieg hinter %S.228 der j"ungsten mit hinab. Mitten auf der Treppe trat er ihr ein %S.228 wenig aufs Kleid; da erschrak sie und rief: {\oq}es ist nicht richtig, %S.228 es h"alt mich was am Kleid.{\cq} {\oq}Stell dich nicht so einf"altig, %S.228 sagte die "alteste, du bist an einem Haken h"angen geblieben.{\cq} Da %S.228 gingen sie vollends hinab, und wie sie unten waren, standen sie %S.228 in einem wunderpr"achtigen Baumgang, da waren alle Bl"atter %S.228 von Silber, und schimmerten und gl"anzten. Der Soldat dachte, %S.228 du willst dir ein Wahrzeichen mitnehmen, und brach einen Zweig %S.228 davon ab, da kam ein gewaltiger Knall aus dem Baume. Die %S.228 j"ungste rief wieder: {\oq}es ist nicht richtig, habt ihr den Knall geh"ort, %S.228 das ist noch nie hier geschehen.{\cq} Die "alteste aber sprach: %S.228 {\oq}das sind Freudensch"usse, weil wir unsere Prinzen bald erl"ost haben!{\cq} %S.228 Sie kamen darauf in einen Baumgang, wo alle Bl"atter %S.228 von Gold, und endlich in einen dritten, wo sie klarer Demant %S.228 waren; von beiden brach er einen Zweig ab, wobei es jedesmal %S.228 knallte, da"s die j"ungste vor Schrecken zusammenfuhr, aber die %S.228 "alteste blieb dabei, es w"aren Freudensch"usse. Da gingen sie weiter %S.228 bis zu einem gro"sen Wasser, darauf standen zw"olf Schifflein, %S.228 und in jedem Schifflein sa"s ein sch"oner Prinz, die hatten auf die %S.228 zw"olfe gewartet, und jeder nahm eine zu sich, der Soldat aber %S.228 setzte sich mit der j"ungsten ein, da sprach der Prinz: {\oq}ich bin %S.228 doch so stark als sonst, aber heute ist das Schiff viel schwerer, %S.228 und ich mu"s rudern, was ich kann.{\cq} -- {\oq}Wovon sollt' das kommen, %S.228 sprach die j"ungste, als vom warmen Wetter, es ist mir %S.229 auch so hei"s zu Muth.{\cq} Jenseits des Wassers aber stand ein %S.229 sch"ones hellleuchtendes Schlo"s, woraus eine lustige Musik erschallte %S.229 von Pauken und Trompeten; da hin"uber ruderten sie, gingen ein, %S.229 und jeder Prinz tanzte mit seiner Liebsten; der Soldat aber tanzte %S.229 unsichtbar mit, und wenn eine einen Becher mit Wein hielt, so %S.229 trank er ihn aus, da"s er leer war, wenn sie ihn an den Mund %S.229 brachte; und der j"ungsten ward auch angst dar"uber, aber die "alteste %S.229 brachte sie immer zum Schweigen. Sie tanzten da bis drei %S.229 Uhr am andern Morgen, wo alle Schuhe durchgetanzt waren, %S.229 und sie aufh"oren mu"sten. Die Prinzen fuhren sie "uber das Wasser %S.229 wieder hin"uber, und der Soldat setzte sich diesmal vornen hin %S.229 zur "altesten; am Ufer nahmen sie von ihren Prinzen Abschied und %S.229 versprachen in der folgenden Nacht wieder zu kommen. Als sie %S.229 an der Treppe waren, lief der Soldat voraus, legte sich ins %S.229 Bett, und als die Zw"olf langsam und m"ud herauf getrippelt kamen, %S.229 schnarchte er schon wieder laut, so da"s sie sprachen: {\oq}nun, %S.229 vor dem sind wir sicher.{\cq} Da thaten sie ihre sch"onen Kleider %S.229 aus, hoben sie auf, stellten die zertanzten Schuhe unter das Bett %S.229 und legten sich nieder. Am andern Morgen wollte der Soldat %S.229 nichts sagen, sondern das wunderliche Wesen noch mehr ansehen, %S.229 und ging die zweite und die dritte Nacht wieder mit, und da war %S.229 alles, wie das erstemal, und sie tanzten jedesmal bis die Schuhe %S.229 entzwei waren; nur das drittemal nahm er noch einen Becher mit %S.229 zum Wahrzeichen. Zu der Stunde nun, wo er antworten sollte, %S.229 nahm er die drei Zweige und den Becher, und ging vor den %S.229 K"onig, und die Zw"olfe standen hinter der Th"ure und horchten, %S.230 was er sagen w"urde. Wie der K"onig nun fragte: {\oq}wo haben %S.230 meine zw"olf T"ochter ihre Schuhe in der Nacht vertanzt?{\cq} antwortete %S.230 er: {\oq}mit zw"olf Prinzen in einem unterirdischen Schlo"s,{\cq} %S.230 und erz"ahlte alles und holte die Wahrzeichen hervor. Da rief der %S.230 K"onig seine T"ochter und fragte sie, ob der Soldat die Wahrheit %S.230 gesagt h"atte, und da sie sahen, da"s sie verrathen waren und L"augnen %S.230 nichts half, erz"ahlten sie alles. Darauf fragte ihn der K"onig, %S.230 welche er zur Frau haben wollte? Er antwortete: {\oq}ich %S.230 bin nicht mehr jung, so gebt mir die "alteste.{\cq} Da ward noch an %S.230 selbigem Tage die Hochzeit gehalten, und ihm das Reich nach des %S.230 K"onigs Tode versprochen; aber die Prinzen wurden auf so viel %S.230 Tage wieder verw"unscht, als sie N"achte mit den Zw"olfen getanzt %S.230 hatten. %S.230 %% %% ============================================================ %% Liste der im Originaltext enthaltenen zu korrigierenden %% W"orter, Interpunktions- und Anf"uhrungszeichen, usw. %% ============================================================ %% Seite 226, Zeile 21 %% [falsch] %% {\oq}Ich wei"s selber nicht recht, sprach er, aber ich h"atte wohl Lust %S.226 %% [richtig] %% {\oq}Ich wei"s selber nicht recht{\cq}, sprach er, {\oq}aber ich h"atte wohl Lust %S.226 %% %% Seite 226, Zeile 23 %% [falsch] %% Schuhe vertanzten.{\cq} {\oq}Ei, sagte die Alte, das ist so schwer %S.226 %% [richtig] %% Schuhe vertanzten.{\cq} -- {\oq}Ei{\cq}, sagte die Alte, {\oq}das ist so schwer %S.226 %% %% Seite 227, Zeile 19 %% [falsch] %% Ungl"uck.{\cq} -- {\oq}Du Schneegans, sagte die "alteste, du f"urchtest %S.227 %% [richtig] %% Ungl"uck.{\cq} -- {\oq}Du Schneegans{\cq}, sagte die "alteste, {\oq}du f"urchtest %S.227 %% %% Seite 227, Zeile 21 %% [falsch] %% da gewesen sind; dem Soldaten h"att' ich nicht einmal brauchen %S.227 %% [richtig] %% da gewesen sind? dem Soldaten h"att' ich nicht einmal brauchen %S.227 %% %% Seite 228, Zeile 6 %% [falsch] %% es h"alt mich was am Kleid.{\cq} {\oq}Stell dich nicht so einf"altig, %S.228 %% [richtig] %% es h"alt mich was am Kleid.{\cq} -- {\oq}Stell dich nicht so einf"altig{\cq}, %S.228 %% %% Seite 228, Zeile 7 %% [falsch] %% sagte die "alteste, du bist an einem Haken h"angen geblieben.{\cq} Da %S.228 %% [richtig] %% sagte die "alteste, {\oq}du bist an einem Haken h"angen geblieben.{\cq} Da %S.228 %% %% Seite 228, Zeile 26 %% [falsch] %% und ich mu"s rudern, was ich kann.{\cq} -- {\oq}Wovon sollt' das kommen, %S.228 %% [richtig] %% und ich mu"s rudern, was ich kann.{\cq} -- {\oq}Wovon sollt' das kommen{\cq}, %S.228 %% %% Seite 229, Zeile 1 %% [falsch] %% sprach die j"ungste, als vom warmen Wetter, es ist mir %S.229 %% [richtig] %% sprach die j"ungste, {\oq}als vom warmen Wetter, es ist mir %S.229 %% %% Seite 230, Zeile 3 %% [falsch] %% meine zw"olf T"ochter ihre Schuhe in der Nacht vertanzt?{\cq} antwortete %S.230 %% [richtig] %% meine zw"olf T"ochter ihre Schuhe in der Nacht vertanzt?{\cq}, antwortete %S.230 %% %% Seite 230, Zeile 4 %% [falsch] %% er: {\oq}mit zw"olf Prinzen in einem unterirdischen Schlo"s,{\cq} %S.230 %% [richtig] %% er: {\oq}mit zw"olf Prinzen in einem unterirdischen Schlo"s{\cq}, %S.230