% @book{bg_khm_1819-2, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen. % {G}esammelt durch die {B}r{\"{u}}der {G}rimm. % {Z}weiter {B}and. {M}it zwei {K}upfern. % {Z}weite vermehrte und verbesserte {A}uf{"|}lage", % publisher = "Gedruckt und verlegt bei G.\,Reimer", % address = "Berlin, Germany", % year = "1819", % volume = "2", % language = "German", % } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von A. Tokunaga am 04. Februar 2003 % und "uberpr"uft von Y. Nagata am 15. Februar 2003 % \maerchentitel{Das Eselein} % 144. %S.260 % Das Eselein. %S.260 Es lebte einmal ein K"onig und eine K"onigin, die waren %S.260 reich und hatten alles, was sie sich w"unschten, nur keine Kinder. %S.260 Dar"uber klagte sie Tag und Nacht und sprach: {\oq}ich bin wie ein %S.260 Acker, auf dem nichts w"achst.{\cq} Endlich erf"ullte Gott ihre W"unsche, %S.260 als das Kind aber zur Welt kam, sah's nicht aus wie ein %S.260 Menschenkind, sondern war ein junges Eselein. Wie die Mutter %S.260 das erblickte, fing ihr Jammer und Geschrei erst recht an, sie %S.260 h"atte lieber gar kein Kind gehabt, als einen Esel, und sagte, %S.260 man sollt's in's Wasser werfen, damit's die Fische fr"a"sen. Der %S.260 K"onig aber sprach: {\oq}nein, hat Gott ihn gegeben, soll er auch %S.261 mein Sohn und Erbe seyn, nach meinem Tod auf dem k"oniglichen %S.261 Thron sitzen und die k"onigliche Krone tragen.{\cq} Also ward das %S.261 Eselein aufgezogen, nahm zu und die Ohren wuchsen ihm auch %S.261 fein hoch und gerad hinauf. Es war aber sonst fr"ohlicher Art, %S.261 sprang herum, spielte und hatte besonders seine Lust an der Musik, %S.261 so da"s es zu einem ber"uhmten Spielmann ging und sprach: %S.261 {\oq}lehr mich deine Kunst, da"s ich so gut die Laute schlagen kann, %S.261 wie du.{\cq} {\oq}Ach! liebes Herrlein, antwortete der Spielmann, %S.261 das sollt euch schwer fallen, eure Finger sind nicht allerdings dazu %S.261 gemacht, und gar zu gro"s; ich sorg', die Saiten haltens nicht %S.261 aus.{\cq} Es half aber keine Ausrede, das Eselein wollt' und mu"st' %S.261 die Laute schlagen, war beharrlich und flei"sig, und lernte es am %S.261 Ende so gut, als sein Meister selber. Einmal ging es nachdenksam %S.261 spaziren und kam an einen Brunnen, da schaute es hinein %S.261 und sah im spiegelhellen Wasser seine Eseleins-Gestalt, dar"uber %S.261 ward es so hetr"ubt, da"s es in die Welt hineinging und nur einen %S.261 treuen Gesellen mitnahm. Sie zogen auf und ab, zuletzt kamen %S.261 sie in ein Reich, wo ein alter K"onig herrschte, der nur eine einzige %S.261 aber wundersch"one Tochter hatte. Das Eselein sagte: {\oq}hier %S.261 wollen wir weilen,{\cq} klopfte an's Thor und rief: {\oq}es ist ein %S.261 Gast hau"sen, macht auf, damit er eingehen kann.{\cq} Als aber %S.261 nicht aufgethan ward, setzte es sich hin, nahm seine Laute und %S.261 schlug sie mit seinen F"u"sen aufs lieblichste. Da sperrte der Th"urh"uter %S.261 gewaltig die Augen auf, lief zum K"onig und sprach: {\oq}da %S.261 drau"sen sitzt ein Eselein vor dem Thor, das schl"agt die Laute %S.261 allzulieblich.{\cq} {\oq}Ei, so la"s mir den Musikant hereinkommen,{\cq} %S.262 sprach der K"onig. Wie aber ein Eselein hereintrat, fing alles an %S.262 "uber den Lautenschl"ager zu lachen. Nun sollte das Eselein unten %S.262 zu den Knechten gesetzt und gespeist werden, es ward aber unwillig %S.262 und sprach: {\oq}ich bin kein gemeines Stalleselein, ich bin ein %S.262 gar vornehmes.{\cq} Da sagten sie: {\oq}wenn du das bist, so setz %S.262 dich zu dem Kriegsvolk.{\cq} {\oq}Nein, sprach es, ich will beim K"onig %S.262 sitzen.{\cq} Der K"onig lachte und sagte in gutem Muth: {\oq}ja, so %S.262 solls seyn, wie du verlangst, Eselein, komm her zu mir.{\cq} Darnach %S.262 fragte er: {\oq}Eselein, wie gef"allt dir meine Tochter?{\cq} das %S.262 Eselein drehte den Kopf nach ihr, schaute sie an, nickte und %S.262 sprach: {\oq}aus der Ma"sen wohl, so sch"on hab ich noch keine gesehen.{\cq} %S.262 {\oq}Nun, so sollst du auch neben ihr sitzen,{\cq} sagte der %S.262 K"onig. {\oq}Das ist mir eben recht,{\cq} sprach das Eselein, und setzte %S.262 sich an ihre Seite und a"s und wu"ste sich gar fein und s"auberlich %S.262 zu betragen. Als das edle Thierlein eine gute Zeit an des K"onigs %S.262 Hof geblieben war, dachte es, was hilft das alles, du mu"st %S.262 wieder heim, lie"s den Kopf traurig h"angen, trat vor den K"onig %S.262 und verlangte seinen Abschied. Der K"onig hatte es aber gar lieb %S.262 und sprach: {\oq}Eselein, was ist dir, du schau'st ja sauer, wie ein %S.262 Essigkrug, ich will dir geben, was du verlangst; willst du Gold?{\cq} %S.262 -- {\oq}Nein,{\cq} sagte das Eselein und sch"uttelte mit dem Kopf. %S.262 -- {\oq}Willst du Kostbarkeiten und Schmuck?{\cq} -- {\oq}Nein.{\cq} -- %S.262 {\oq}Willst du mein halbes Reich?{\cq} -- {\oq}Ach nein!{\cq} -- Da sprach %S.262 der K"onig: {\oq}wenn ich nur w"u"ste, was dich vergn"ugt machen %S.262 k"onnte; willst du meine sch"one Tochter zur Frau?{\cq} {\oq}Ach ja,{\cq} %S.262 sagte das Eselein, war auf einmal ganz lustig und guter Dinge, %S.263 denn das wars gerade, was es sich gew"unscht hatte. Also ward %S.263 eine gro"se und pr"achtige Hochzeit gehalten. Abends, wie Braut %S.263 und Br"autigam in ihr Schlafk"ammerlein gef"uhrt wurden, wollte %S.263 der K"onig wissen, ob sich das Eselein auch fein artig und manierlich %S.263 betr"uge, und hie"s einem Diener sich dort verstecken. Wie sie %S.263 nun beide drinnen waren, schob der Br"autigam den Riegel vor %S.263 die Th"ure, blickte sich um und wie er glaubte, da"s sie ganz allein %S.263 w"aren, da warf er auf einmal seine Eselhaut ab und stand da %S.263 als ein sch"oner, k"oniglicher J"ungling, der sprach: {\oq}siehst du, wer %S.263 ich bin und da"s ich deiner werth gewesen.{\cq} Da ward die Braut %S.263 froh, k"u"ste ihn und hatte ihn von Herzen lieb. Als es aber %S.263 Morgen ward, sprang er auf, zog seine Thierhaut wieder "uber %S.263 und h"atte kein Mensch gedacht, was f"ur einer dahinter steckte. %S.263 Bald kam auch der alte K"onig gegangen: {\oq}ei, rief er, ist das %S.263 Eselein schon munter! du bist wohl recht traurig, sagte er zu seiner %S.263 Tochter, da"s du keinen ordentlichen Menschen zum Mann bekommen %S.263 hast?{\cq} {\oq}Ach nein, lieber Vater, ich habe ihn so lieb, %S.263 als wenn er der allersch"onste w"ar und will ihn mein Lebtag behalten.{\cq} %S.263 Der K"onig wunderte sich, aber der Diener, der sich %S.263 versteckt hatte, kam und offenbarte ihm alles. Der K"onig sprach: %S.263 {\oq}das ist nimmermehr wahr!{\cq} -- {\oq}So wacht selber die folgende %S.263 Nacht, ihr werdet's mit eigenen Augen sehen; und wi"st ihr was, %S.263 Herr K"onig, nehmt ihm die Haut weg, und werft sie in's Feuer, %S.263 so mu"s er sich wohl in seiner rechten Gestalt zeigen.{\cq} {\oq}Dein %S.263 Rath ist gut,{\cq} sprach der K"onig, und Abends, als sie schliefen, %S.263 schlich er sich hinein, und wie er zum Bett kam, sah er im Mondschein %S.264 einen stolzen J"ungling da ruhen, und die Haut lag abgestreift %S.264 auf der Erde. Da nahm er sie weg, und lie"s drau"sen %S.264 ein gewaltiges Feuer anmachen und die Haut hineinwerfen und %S.264 blieb selber dabei, bis sie ganz zu Asche verbrannt war. Weil %S.264 er aber sehen wollte, was der Beraubte anfangen w"urde, blieb %S.264 er die Nacht wach, und lauschte. Als der J"ungling ausgeschlafen %S.264 hatte, beim ersten Morgenschein, stand er auf und wollte die %S.264 Eselshaut anziehen, aber sie war nicht zu finden. Da erschrak %S.264 er und sprach voll Trauer und Angst: {\oq}nun mu"s ich sehen, da"s %S.264 ich entfliehe.{\cq} Wie er hinaustrat, stand aber der K"onig da und %S.264 sprach: {\oq}ei! mein Sohn, wohin so eilig, was hast du im Sinn? %S.264 Bleib hier; du bist ein so sch"oner Mann, du sollst nicht wieder %S.264 von mir; ich geb' dir jetzt mein Reich halb, und nach meinem %S.264 Tod bekommst du es ganz.{\cq} {\oq}So w"unsch ich dem guten Anfang %S.264 auch ein gutes Ende,{\cq} sprach der J"ungling, {\oq}ich bleibe bei euch.{\cq} %S.264 Da gab ihm der Alte das halbe Reich, und als er nach einem %S.264 Jahr starb, hatte er das ganze, und nach dem Tode seines Vaters %S.264 noch eins dazu, und lebte reich und vergn"ugt. %S.264 %% %% ============================================================ %% Liste der im Originaltext enthaltenen zu korrigierenden %% W"orter, Interpunktions- und Anf"uhrungszeichen, usw. %% ============================================================ %% Seite 261, Zeile 9 %% [falsch] %% wie du.{\cq} {\oq}Ach! liebes Herrlein, antwortete der Spielmann, %S.261 %% [richtig] %% wie du.{\cq} -- {\oq}Ach! liebes Herrlein{\cq}, antwortete der Spielmann, %S.261 %% %% Seite 261, Zeile 10 %% [falsch] %% das sollt euch schwer fallen, eure Finger sind nicht allerdings dazu %S.261 %% [richtig] %% {\oq}das sollt euch schwer fallen, eure Finger sind nicht allerdings dazu %S.261 %% %% Seite 261, Zeile 21 %% [falsch] %% wollen wir weilen,{\cq} klopfte an's Thor und rief: {\oq}es ist ein %S.261 %% [richtig] %% wollen wir weilen{\cq}, klopfte an's Thor und rief: {\oq}es ist ein %S.261 %% %% Seite 262, Zeile 1 %% [falsch] %% allzulieblich.{\cq} {\oq}Ei, so la"s mir den Musikant hereinkommen,{\cq} %S.262 %% [richtig] %% allzulieblich.{\cq} -- {\oq}Ei, so la"s mir den Musikant hereinkommen{\cq}, %S.262 %% %% Seite 262, Zeile 7 %% [falsch] %% dich zu dem Kriegsvolk.{\cq} {\oq}Nein, sprach es, ich will beim K"onig %S.262 %% [richtig] %% dich zu dem Kriegsvolk.{\cq} -- {\oq}Nein{\cq}, sprach es, {\oq}ich will beim K"onig %S.262 %% %% Seite 262, Zeile 10 %% [falsch] %% fragte er: {\oq}Eselein, wie gef"allt dir meine Tochter?{\cq} das %S.262 %% [richtig] %% fragte er: {\oq}Eselein, wie gef"allt dir meine Tochter?{\cq}, das %S.262 %% %% Seite 262, Zeile 13 %% [falsch] %% {\oq}Nun, so sollst du auch neben ihr sitzen,{\cq} sagte der %S.262 %% [richtig] %% -- {\oq}Nun, so sollst du auch neben ihr sitzen{\cq}, sagte der %S.262 %% %% Seite 262, Zeile 14 %% [falsch] %% K"onig. {\oq}Das ist mir eben recht,{\cq} sprach das Eselein, und setzte %S.262 %% [richtig] %% K"onig. {\oq}Das ist mir eben recht{\cq}, sprach das Eselein, und setzte %S.262 %% %% Seite 262, Zeile 17 %% [falsch] %% Hof geblieben war, dachte es, was hilft das alles, du mu"st %S.262 %% [richtig] %% Hof geblieben war, dachte es, {\oq}was hilft das alles, du mu"st %S.262 %% %% Seite 262, Zeile 18 %% [falsch] %% wieder heim, lie"s den Kopf traurig h"angen, trat vor den K"onig %S.262 %% [richtig] %% wieder heim{\cq}, lie"s den Kopf traurig h"angen, trat vor den K"onig %S.262 %% %% Seite 262, Zeile 22 %% [falsch] %% -- {\oq}Nein,{\cq} sagte das Eselein und sch"uttelte mit dem Kopf. %S.262 %% [richtig] %% -- {\oq}Nein{\cq}, sagte das Eselein und sch"uttelte mit dem Kopf. %S.262 %% %% Seite 262, Zeile 26 %% [falsch] %% k"onnte; willst du meine sch"one Tochter zur Frau?{\cq} {\oq}Ach ja,{\cq} %S.262 %% [richtig] %% k"onnte; willst du meine sch"one Tochter zur Frau?{\cq} -- {\oq}Ach ja{\cq}, %S.262 %% %% Seite 263, Zeile 15 %% [falsch] %% Bald kam auch der alte K"onig gegangen: {\oq}ei, rief er, ist das %S.263 %% [richtig] %% Bald kam auch der alte K"onig gegangen: {\oq}ei{\cq}, rief er, {\oq}ist das %S.263 %% %% Seite 263, Zeile 16 %% [falsch] %% Eselein schon munter! du bist wohl recht traurig, sagte er zu seiner %S.263 %% [richtig] %% Eselein schon munter! du bist wohl recht traurig{\cq}, sagte er zu seiner %S.263 %% %% Seite 263, Zeile 17 %% [falsch] %% Tochter, da"s du keinen ordentlichen Menschen zum Mann bekommen %S.263 %% [richtig] %% Tochter, {\oq}da"s du keinen ordentlichen Menschen zum Mann bekommen %S.263 %% %% Seite 263, Zeile 18 %% [falsch] %% hast?{\cq} {\oq}Ach nein, lieber Vater, ich habe ihn so lieb, %S.263 %% [richtig] %% hast?{\cq} -- {\oq}Ach nein, lieber Vater, ich habe ihn so lieb, %S.263 %% %% Seite 263, Zeile 25 %% [falsch] %% so mu"s er sich wohl in seiner rechten Gestalt zeigen.{\cq} {\oq}Dein %S.263 %% [richtig] %% so mu"s er sich wohl in seiner rechten Gestalt zeigen.{\cq} -- {\oq}Dein %S.263 %% %% Seite 263, Zeile 26 %% [falsch] %% Rath ist gut,{\cq} sprach der K"onig, und Abends, als sie schliefen, %S.263 %% [richtig] %% Rath ist gut{\cq}, sprach der K"onig, und Abends, als sie schliefen, %S.263 %% %% Seite 264, Zeile 15 %% [falsch] %% Tod bekommst du es ganz.{\cq} {\oq}So w"unsch ich dem guten Anfang %S.264 %% [richtig] %% Tod bekommst du es ganz{\cq} -- {\oq}So w"unsch ich dem guten Anfang %S.264 %% %% Seite 264, Zeile 16 %% [falsch] %% auch ein gutes Ende,{\cq} sprach der J"ungling, {\oq}ich bleibe bei euch.{\cq} %S.264 %% [richtig] %% auch ein gutes Ende{\cq}, sprach der J"ungling, {\oq}ich bleibe bei euch.{\cq} %S.264