% @book{bg_khm_1819-2, % author = "Br{\"{u}}der Grimm", % title = "{K}inder- und {H}ausm{\"{a}}rchen. % {G}esammelt durch die {B}r{\"{u}}der {G}rimm. % {Z}weiter {B}and. {M}it zwei {K}upfern. % {Z}weite vermehrte und verbesserte {A}uf{"|}lage", % publisher = "Gedruckt und verlegt bei G.\,Reimer", % address = "Berlin, Germany", % year = "1819", % volume = "2", % language = "German", % } % % Originaltext f"ur das LaTeX-Quelldokument % bearbeitet und redigiert von A. Tokunaga am 06. Februar 2003 % und "uberpr"uft von Y. Nagata am 17. Februar 2003 % %%% Besonderheiten f"ur den Fraktursatz: %% "| zur Vermeidung von Ligaturen; %% (Eingabe: e.g. auf"|fressen und Hof"|leute %% statt auffressen und Hofleute) %% "| auch f"ur das sogenannte runde s -- oder Schluss s -- im %% Kompositum (ansonsten wird dieses durch LaTeX -- und khm.sty -- %% von dem langen s richtig unterschieden und gesetzt); %% (Eingabe: e.g. Aus"|gang statt Ausgang) %% {} f"ur das runde s au"ser Komposita; %% (Eingabe: e.g. s{}' statt s') %% {\ck} f"ur ,,ck``, das bei der Silbentrennung am Zeilenende %% in die Form ,,k-k`` umgewandelt werden soll. % % Der erste M"archentext in jedem Band (i.e. ,,Der Froschk"onig % oder der eiserne Heinrich`` und ,,Der Arme und der Reiche``) % und der erste Kinderlegendentext (i.e. ,,Der heilige Joseph % im Walde``) sind mit einem Versalsatz geschm"uckt im Orginal. % Bei all den anderen Texten ist jede erste Zeile einger"uckt. % \maerchentitel{Die drei gr"unen Zweige} % 6. %S.298 % Die drei gr"unen Zweige. %S.298 Es war einmal ein Einsiedler, der lebte in einem Walde, an %S.298 dem Fu"se eines Berges und brachte seine Zeit in Gebet und guten %S.298 Werken zu, und jeden Abend trug er noch zur Ehre Gottes ein %S.298 paar Eimer Wasser den Berg hinauf. Manches Thier hat er %S.298 damit getr"ankt und manche Pflanze damit erquickt, denn auf den %S.298 Anh"ohen weht best"andig ein harter Wind, der die Luft und die %S.298 Erde aus"|trocknet, und die wilden V"ogel, die vor den Menschen %S.298 scheuen, kreisen dann hoch und suchen mit ihren scharfen Augen %S.298 nach einem Trunk. Und weil der Einsiedler so fromm war, so %S.298 ging ein Engel Gottes seinen Augen sichtbar mit ihm hinauf, %S.298 z"ahlte seine Schritte und brachte ihm, wenn die Arbeit vollendet %S.298 war, sein Essen, so wie jener Prophet auf Gottes Gehei"s von %S.298 den Raben gespeiset wurde. Als der Einsiedler in seiner Fr"ommigkeit %S.298 schon zu einem hohen Alter gekommen war, da trug es %S.298 sich zu, da"s er einmal von weitem sah, wie ein armer S"under %S.298 zum Galgen gef"uhrt wurde und er zu sich selber sprach: {\oq}jetzt widerf"ahrt %S.298 diesem sein Recht!{\cq} Abends, als er das Wasser den %S.298 Berg hinauftrug, erschien der Engel nicht, der ihn sonst begleitete %S.298 und brachte ihm auch nicht seine Speise. Da erschrak er, pr"ufte %S.298 sein Herz und bedachte, womit er wohl k"onnte ges"undigt haben, %S.298 weil Gott also z"urne; aber er wu"ste es nicht. Da a"s und trank %S.298 er nicht, warf sich nieder auf die Erde und betete Tag und Nacht. %S.298 Und als er einmal in dem Walde so recht bitterlich weinte, h"orte %S.298 er ein V"oglein, das sang so sch"on und herrlich, da ward er noch %S.299 betr"ubter und sprach: {\oq}wie singst du so fr"ohlich! dir z"urnt der %S.299 Herr nicht; ach, wenn du mir sagen k"onntest, womit ich ihn beleidigt %S.299 habe, damit ich Bu"se th"ate und mein Herz auch wieder %S.299 fr"ohlich w"urde!{\cq} Da fing das V"oglein an zu sprechen und sagte %S.299 zu ihm: {\oq}du hast unrecht gethan, weil du einen armen S"under %S.299 verdammt hast, der zum Galgen gef"uhrt wurde, darum z"urnt dir %S.299 der Herr; doch wenn du Bu"se thun und deine S"unde bereuen %S.299 willst, so wird er dir verzeihen.{\cq} Da stand der Engel neben %S.299 ihm und hatte einen tro{\ck}enen Ast in der Hand und sprach: {\oq}diesen %S.299 tro{\ck}enen Ast sollst du so lange tragen, bis drei gr"une Zweige %S.299 aus ihm hervorsprie"sen, und Nachts, wenn du schlafen willst, %S.299 sollst du ihn unter dein Haupt legen. Dein Brot sollst du dir %S.299 an den Th"uren erbitten und in demselben Hause nicht l"anger als %S.299 eine Nacht verweilen. Das ist die Bu"se, die dir der Herr auf"|legt.{\cq} %S.299 Da nahm der Einsiedler das St"uck Holz und ging in die %S.299 Welt zur"uck, die er so lange nicht gesehen hatte. Er a"s und %S.299 trank nichts, als was man ihm an den Th"uren reichte, manche %S.299 Bitte aber ward nicht geh"ort und manche Th"ure blieb ihm verschlossen, %S.299 also da"s er oft ganze Tage lang keinen Krumen Brot %S.299 bekam. Einmal war er vom Morgen bis Abend von Th"ure zu %S.299 Th"ure gegangen; niemand hatte ihm etwas gegeben, niemand %S.299 wollte ihn die Nacht beherbergen, da ging er hinaus in einen %S.299 Wald und fand endlich eine angebaute H"ohle und eine alte Frau %S.299 sa"s darin. Da sprach er: {\oq}gute Frau, behaltet mich diese Nacht %S.299 in euerm Hause.{\cq} Aber sie antwortete: {\oq}nein, ich darf nicht, %S.299 wenn ich auch wollte. Ich habe drei S"ohne, die sind b"os und %S.300 wild, wenn sie von ihrem Raubzug heim kommen und finden euch, %S.300 so w"urden sie uns beide umbringen.{\cq} Da sprach der Einsiedler: %S.300 {\oq}la"st mich nur bleiben, sie werden euch und mir nichts thun{\cq} %S.300 und die Frau war mitleidig und lie"s sich bewegen. Da legte sich %S.300 der Mann unter die Treppe und das St"uck Holz unter seinen %S.300 Kopf. Wie die Alte das sah, fragte sie nach der Ursache, da erz"ahlte %S.300 er ihr, da"s er es zur Bu"se mit sich herum trage und Nachts %S.300 zu seinem Kissen brauche. Er habe den Herrn beleidigt, denn als %S.300 er einen armen S"under auf dem Gang nach dem Gericht gesehen, %S.300 habe er gesagt, diesem widerfahre sein Recht. Da fing die Frau an %S.300 zu weinen und rief: {\oq}ach, wenn der Herr ein einziges Wort also %S.300 bestraft, wie wird es meinen S"ohnen ergehen, wenn sie vor ihm %S.300 im Gericht erscheinen.{\cq} %S.300 Um Mitternacht kamen die R"auber heim, l"armten und tobten. %S.300 Sie z"undeten ein Feuer an und als das die H"ohle erleuchtete und %S.300 sie einen Mann unter der Treppe liegen sahen, geriethen sie in Zorn %S.300 und schrien ihre Mutter an: {\oq}wer ist der Mann, haben wirs nicht %S.300 verboten irgend jemand aufzunehmen?{\cq} Da sprach die Mutter: %S.300 {\oq}la"st ihn, es ist ein armer S"under der seine Schuld b"u"st.{\cq} Die %S.300 R"auber fragten was er gethan, und riefen: {\oq}Alter, erz"ahl uns %S.300 deine S"unden!{\cq} Der Alte erhob sich und sagte ihnen, wie er mit %S.300 einem einzigen Wort schon so ges"undigt habe, da"s Gott ihm z"urne, %S.300 und er f"ur diese Schuld jetzt b"u"se. Den R"aubern ward von seiner %S.300 Erz"ahlung das Herz so gewaltig ger"uhrt, da"s sie "uber ihr bis"|heriges %S.300 Leben erschraken, in sich gingen und mit herzlicher Reue ihre %S.300 Bu"se begannen. Der Einsiedler, nachdem er die drei S"under bekehrt, %S.301 legte sich wieder nieder. Am Morgen aber fand man ihn %S.301 todt, und aus dem trocknen Holz, auf welchem sein Haupt lag, waren %S.301 drei gr"une Zweige hoch empor gewachsen. Also hatte ihn der %S.301 Herr wieder in Gnaden zu sich aufgenommen. %S.301 %% %% ============================================================ %% Liste der im Originaltext enthaltenen zu korrigierenden %% W"orter, Interpunktions- und Anf"uhrungszeichen, usw. %% ============================================================ %% Seite 300, Zeile 4 %% [falsch] %% {\oq}la"st mich nur bleiben, sie werden euch und mir nichts thun{\cq} %S.300 %% [richtig] %% {\oq}la"st mich nur bleiben, sie werden euch und mir nichts thun{\cq}, %S.300